Geheimdienst in der Krise by Jost Dülffer

Autor:Jost Dülffer
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ch. Links Verlag
veröffentlicht: 2017-12-31T16:00:00+00:00

Das war der Griff in die große Kiste des Allgemeinwohls, die Zusammenarbeit mit den Partnern sei gefährdet, die eigenen Mitarbeiter darüber hinaus auch: Pathetischer als mit der Bedrohung von »Leben und Freiheit« ließ sich gegenüber der Finanzkontrolle kaum formulieren. In den weiteren Ausführungen war von »Ehrendienst«, »unermüdlichem Eifer«, »persönliche[n] Opfer[n], genauer gesagt Widerwärtigkeiten« für das Personal die Rede. Damit wurde vorsichtig auf ein besseres Zulagensystem und die Probleme der Nachwuchsgewinnung hingewiesen. Auf die Idee einer besseren Administration, ja der Einstellung von Fachleuten für Verwaltung und Finanzkontrolle kam die Gehlen-Denkschrift nicht. Das war erst ab 1968 der Fall.74 Es sei dahingestellt, ob die bereits oben näher bezifferten Anforderungen des BRH sinnvoll oder notwendig waren, jedenfalls war der BND mit diesen Regularien überfordert, wozu der Kult der Sicherheit auch weiterhin einen bequemen Schutzschild lieferte.

Nach dem Unterstellungsbeschluss für den BND vom Oktober 1963 konnte das Kanzleramt auch in Haushaltssachen eine stärkere Stellung als vorgesetzte Behörde beanspruchen.75 Nunmehr wurde auch das BK als Oberste Behörde für den BND vom BRH zu der nächsten Besprechung der beiden Präsidenten vom 1. bis zum 3. Juli 1964 eingeladen. Die für Finanzen bzw. Politik zuständigen beiden Referenten im Kanzleramt empfahlen die ständige Teilnahme auch ihres Ressorts an den Besprechungen. Diese solle aus Ranggründen am besten von Minister Westrick wahrgenommen werden. Doch wie von seinen Beamten erwartet sagte dieser aus »Termingründen« ab, beanspruchte jedoch grundsätzlich das Recht auf ein gesondertes Gespräch mit den beiden Präsidenten über ganz besonders geheime Prüffragen.76 Soweit erkennbar kam es weder damals noch später zu einem solchen Treffen.

Tatsächlich nahm weiterhin nur Referent v. Koester an der Besprechung von BRH und BND Anfang Juli 1964 teil.77 Ab jetzt erhielt auch das BKA vorab die (diesmal 22-seitige) Antwort des BND auf die Prüfniederschrift des BRH.78 Dies betraf die volle Palette innerdienstlicher Personalpolitik bis zu einzelnen Mitarbeitern und technischem Gerät; das interessiert hier nicht. Lediglich: die Verlegung des Strategischen Dienstes in die Zentrale sei »aus innerbetrieblichen Gründen« von »erheblichem Interesse«, allerdings habe man dort derzeit keinen Platz. Die Besprechung der drei staatlichen Ressorts verlief anscheinend ohne Probleme; nur über die »außergewöhnliche Besoldung« für eine »Spitzenquelle« müsse man – wie auch Westrick sich für außerordentliche Fälle vorbehalten habe – auch mit dem Minister reden.79

Nachdem der UA HH den Wirtschaftsplan für1964 ohne Problem gebilligt hatte,80 fand die Sitzung zur Rechnungsprüfung am 21. Juli 1964 statt, die zugleich dem neuen Etat wie der Rechnungsprüfung dienen sollte; der BND wurde hierzu nach einer Stunde zugelassen. Das wurde zur üblichen Vorgehensweise. Die Abgeordneten – neu war Gerhard Stoltenberg für die CDU – erhielten von Jerosch den gemeinsamen Prüfbericht, der anschließend wieder eingesammelt wurde.81 Die beiden Abgeordneten von CDU und SPD waren sich einig, dass der UA HH künftig früher in die Etatplanungen einbezogen werden müsse. Dass in dieser Sitzung daraus Folgerungen gezogen wurden, ist nicht bekannt. Ritzel machte sich für eine Personalvertretung im BND stark, ein altes Anliegen der SPD, was Gehlen mit einem im Bundestag liegenden Entwurf und der Einschaltung der ÖTV beantwortete; zu den bestehenden dienstinternen, in der Tat vagen Möglichkeiten der Beschwerden fragten die Abgeordneten nicht nach.

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